Immobilie anstelle von Obligationen?

Trotz Anlagenotstand: Renditeneigenschaften bergen Risiken


Artikel aus der "Basler Zeitung" datiert 19. Mai 2016


Basel. Für sicherheitsbewusste Anleger ist es schon fast zum Verzweifeln: Die Zinsen auf Sparkonten sind im Keller, und wer bei den Obligationen einen noch einigermassen moderaten Zins erhalten möchte, muss sich diesen teuer erkaufen. Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht in Sicht. Im März hat die Euro­päische Zentralbank (EZB) ihre Leitzin­ sen erneut gesenkt. Und auch die Schweizerische Notenbank (SNB) zeigt keine Ambitionen, die Negativzinsen aufzugeben.

 

Als mögliche Alternative zu den Obligationen werden oft Immobilien genannt. Schliesslich ist der Kauf einer Liegenschaft aufgrund der rekordtiefen Hypothekarzinsen so attraktiv wie schon lange nicht mehr. Investoren kau­fen beispielsweise Eigentumswohnun­gen, um sie zu vermieten und so eine ansprechende Rendite zu erzielen.

 

Mehr Eigenmittel

Allerdings: Solche Investitionen bergen hohe Risiken. Sogenannte Ren­ diteliegenschaften erfordern mehr eigene nanzielle Mittel als selbst bewohnte Immobilien. Denn die Ban­ken stellen bei der Finanzierung von vermieteten Immobilien auf den Ertragswert ab. Der Ertragswert ent­ spricht den kapitalisierten Mieteinnah­ men und ist in der Regel deutlich tiefer als der Kaufpreis. Deshalb müssen Käu­fer oft bis zu 50 Prozent des Kaufpreises als Eigenmittel selbst beisteuern. Viele Käufer sind sich zudem nicht bewusst, dass der Ertragswert stark vom jeweiligen Zinsniveau abhängt. Angenommen, die jährlichen Miet­erträge einer Wohnung belaufen sich auf 36 000 Franken. Bei einem Kapitali­ sierungszinssatz von fünf Prozent ergibt das einen Ertragswert von 720 000 Fran­ken. Steigt das allgemeine Zinsniveau allerdings um zwei Prozentpunkte und der Kapitalisierungszins deshalb auf sieben Prozent, sinkt der Ertragswert um über 200 000 Franken auf rund 515000 Franken. Die Bank kann in so einem Fall vom Eigentümer verlangen, dass der Wohnungsbesitzer zusätzliche Eigenmittel von rund 100 000 Franken einschiesst.

 

Frage der Wertentwicklung.

Entsprechend schränken Rendite­ objekte die nanzielle Flexibilität in der Regel stark ein. Und sie lassen sich – anders als viele Wertschriftenanlagen, wie beispielsweise Obligationen – nicht innert kürzester Zeit verkaufen. Als Ein­kommensquelle sind sie daher eher für kapitalkräftige Personen geeignet, die neben der Liegenschaft über leicht liquidierbare Anlagen in ausreichender Höhe verfügen, mit denen sich auch ein

grösserer unerwarteter Kapitalbedarf decken lässt.

 

Ob sich ein Kauf auszahlt, hängt auch von der Wertentwicklung der Immobilie ab. Eine Werteinbusse kann die ohnehin bescheidene Rendite zunichtemachen, und bei einem Ver­ kauf kann die Immobilie sogar zum Ver­ lustgeschäft werden.

 

Die Preise für Renditeobjekte bewe­ gen sich derzeit auf hohem Niveau, weshalb Investoren mit einer nachhalti­ gen Wertsteigerung kaum rechnen kön­ nen. In manchen Regionen sind die Immobilienpreise gar rückläufig. Wei­ tere Preissteigerungen sind deshalb fast nur möglich, wenn zum Beispiel Spar­gelder bei den Banken negativ verzinst werden. Zudem sind während der Haltedauer Unterhalts­ und Neben­ kosten fällig und ein allfälliger Ver­ kaufsgewinn wird durch Maklerkosten, Handänderung­- und Grundstückgewinnsteuern geschmälert.

 

Karl Flubacher ist Niederlassungsleiter des VZ VermögensZentrums in Basel.


Dominique Ackermann

Inhaber und Berater HypoConsult+

 

www.hypoconsultplus.ch

ackermann@hypoconsultplus.ch 

 

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